Hochzeitsdirndl Sarah.
Oktober 2021.
Manchmal glauben wir genau zu wissen, was wir wollen. Und manchmal stellt sich am Ende heraus, dass wir von Anfang an eigentlich gar nichts so genau wussten.
Als Sarah also zum ersten Mal mit mir über die Ideen zu ihrem besonderen Dirndl sprach, war eins klar:
“Vroni, ich bin noch gar nicht so sicher bezüglich des Schnitts, oder der Schürze oder der ganzen Details, aber wo ich mir sicher bin… Ich möchte gerne ein rotes Dirndl!”. Alles klar, dachte ich.
Also haben wir die Arbeit aufgenommen und Stoffmuster und Farbkarten zu Rate gezogen, haben Pinterest-Walls mit Inspirationen erstellt und gemeinsam überlegt, wo die Reise hingehen könnte. Schließlich hat sich eine engere Auswahl an verschiedenen Optionen in Tomatenrot, über ein kräftiges Weinrot bis hin zu himbeerfarbenen Möglichkeiten ergeben. Aber irgendwas, so zumindest mein Gefühl, hat nicht gepasst. Immer wieder merkte ich, wie Sarah verstohlene Blicke auf andere Farb- und Stoffkarten warf, die so ganz und gar nicht dem erkorenem Rot-Spektrum entsprachen. Immer wieder haben wir die finale Entscheidung mit fadenscheinigen Ausreden um wieder eine weitere Woche aufgeschoben.
Gut nur, dass verschiedene andere Arbeitsschritte bei der Erstellung eines Dirndls nach Maß anstehen, bevor es zur schlussendlichen Stoffbestellung kommt, kommen muss! Und gerade als ich dachte, dass uns die Zeit anfängt davonzulaufen - fast aus dem Nichts - haben wir den Kurs geändert:
“Zeig nochmal diesen einen grünen Stoff, ich kann den einfach nicht vergessen.”
Alles an Sarah hatte sich auf einmal geändert - die Augen leuchteten, auf einmal war sie hibbelig und aufgekratzt, holte die Farbkarte mit den Grüntönen immer wieder hervor, die zuvor ausgewählten Roten lagen vergessen auf der Seite. Und auf einmal ging alles ganz schnell. Jede Entscheidung war innerhalb kürzester Zeit getroffen: die metallenen Knöpfe in Gold, eine goldene Seidenschürze, die den changierenden Stoff in allen Facetten widerspiegelte, der hochgeschlossene Schnitt. Auf einmal nahm alles Form - und Farbe - an und ich merkte, wie sich ihre Vorfreude steigerte. Auf einmal konnte es nicht schnell genug gehen und ich ließ mich von ihrer Euphorie und Aufregung anstecken und mitreißen.
Ich liebe es, wenn solche Dinge passieren. Wenn wir von unseren klaren Ideen und Überzeugungen abweichen, es uns erlauben, auch nur ein kleines bisschen auszubrechen und zu experimentieren. Wenn wir uns leiten lassen, nicht von dem, was wir bisher kennen und wissen, sondern von dem Neuen und Ungewissen. Und ich liebe es, wenn das bei meinen Kundinnen passiert. Genau das ist es, was auch mir so viel Freude bereitet - ein gemeinsames Projekt zu verwirklichen und einen Weg zu finden, sich selbst auszudrücken und etwas eigenes zu erschaffen.
Und so blicke ich zurück auf eine wunderbare Entstehungsgeschichte dieses besonderen Kleides für Sarah. Und bin heilfroh, denn ich weiß aus dem Tiefsten meines Herzens - bei Viktor ist sie sich sicher. So war das schon immer und so wird es auch immer sein!